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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gefährdete Generation -Bericht über Doping-



muskelbody
26.11.2002, 21:25
Der frühe Tod von Athleten aus der Hochdopingphase zwischen 1968 und 1990 wirft Fragen auf Robert Hartmann
FRANKFURT A.M., 22. November. Es ist der Name ihres einstigen Trainers, der bei der Todesnachricht der 38 Jahre alt gewordenen US-amerikanischen 800-m-Läuferin Kim Gallagher nachdenklich stimmt: Der Kalifornier Chuck DeBus, galt als besonders skrupellos, wenn es zum Doping mit Hilfe von Anabolika kam. Seine Methoden kamen während einer Kongress-Anhörung im Jahr 1990 ans Licht, als die kranke Sprinterin Diane Williams, WM-Zweite von Helsinki 1983 über 100 Meter, unter Weinkrämpfen das verheimlichte betrügerische Treiben gestand und dem Richter von dem schleichenden Verbrechen an ihrem sich allmählich vermännlichenden Körper berichtete. DeBus wurde anschließend von seinem Leichtathletik-Verband für jede weitere Trainertätigkeit ausgeschlossen.
Er betreute die elegant laufende Kim Gallagher von 1983 bis 1988, und in diese Zeit fielen ihre beiden olympischen Medaillen, Silber in Los Angeles und Bronze in Seoul. Zu Wettkämpfen tauchte sie nur sporadisch auf, was vornehmlich an einer schier endlosen Abfolge von schweren Krankheiten lag. Nur sechs Monate vor den Sommerspielen 1984 wurde eine Zyste an den Eierstöcken operativ entfernt. Zeitzeugen schilderten während jener Zeit, dass sie innerhalb viel zu kurzer Zeit einen auffällig muskulösen Körper bekam. An Dickdarmkrebs und Magenkrebs litt sie dann seit 1989 und 1995. Die Amerikanerin verweigerte sich nun allen ärztlichen Empfehlungen und versuchte stattdessen, sich mit bizarren Behandlungen selbst zu kurieren, etwa mit Vitaminen, Diät und Ruhe. Am Montag erlag sie schließlich in einem Krankenhaus in Philadelphia einem zweiten Schlaganfall.

Ebenfalls 38 Jahre alt war ihre US-amerikanische Kollegin Florence Griffith-Joyner, als sie vor fünf Jahren am plötzlichen Herztod starb. Postum hält sie immer noch die Weltrekorde über 100 Meter und 200 Meter, mit 10,49 und 21,34 Sekunden. Kürzlich wurde auch der Tod des früheren US-Diskuswerfers Ben Plucknett gemeldet. Mit seinen 71,32 Metern vom 4. Juni 1983 in Eugene nimmt er in der Weltrangliste immer noch den fünften Platz ein. Er wurde 48 Jahre alt.

Während Vermutungen bei jedem Einzelfall hochspekulativ bleiben müssen, fällt doch die Häufigkeit der Todesfälle bei Spitzensportlern auf, auch in Deutschland. Es scheint, als sei die Lebenserwartung jener Athleten-Generation aus der 25 Jahre andauernden Hochdopingphase zwischen 1968 und 1990 lange nicht so hoch wie die der übrigen Bevölkerung. Der Düsseldorfer Professor Hans Krüskemper stellte schon 1979 fest, dass die Vergabe von Anabolika an Frauen ohne medizinisch angezeigte Gründe ein "ärztlicher Kunstfehler" sei. Das Krebsrisiko beispielsweise wurde damals schon als eine Auswirkung des Hormon-Dopings beschrieben. Die Doper wussten, dass sie sich auf ein äußerst gefährliches Terrain begaben. Allerdings konnten sie die Bedenken erst einmal aufschieben. Doch in ihren Körpern begann eine Zeitbombe zu ticken, begleitet von der ständigen Furcht, dass sie erst Jahrzehnte nach dem Sündenfall, jedoch viel zu früh, explodiert.

Quelle: Berlin Online