Ich entnehme Deinen Zeilen, daß Du keine Märkerin bist, sondern aus Bayern stammst. "Der Märker" schlechthin ist im Allgemeinen ein bodenständiger und eher nüchterner Mensch, kein Vergleich zu einer rheinischen Frohnatur aus einer der Karnevalshochburgen wie z. B. Kölle. Ich weiß von meinem Freund Patta, daß auch er die Menschen hier ähnlich empfindet, wie Du. Als er mir davon erzählte, habe ich zwei Dinge mit ihm gemacht, zum einen habe ich ihm viel über die Geschichte der DDR und die Biografien der Ostdeutschen, deren einer ich bin, erzählt. Wer das nicht kennt, kann natürlich das Wesen der Menschen hier kaum oder gar nicht verstehen. Ein in Westdeutschland aufgewachsener Mensch Deines oder noch jüngeren Alters kann nicht die hier über Jahrzehnte bestehenden Lebensbedingungen nachempfinden. Ihr kennt nicht aus eigenem Erleben den Alltag einer Diktatur, das tägliche Spiel mit der Angst, der Repression, dem Sich-Einrichten-Müssen unter widrigsten Verhältnissen, dem Mangel an Freiheit, der allgegenwärtigen Gefahr, von vermeintlich besten Freunden oder sogar Mitgliedern der eigenen Familie verraten zu werden und im Zuchthaus zu landen. Das Leben in der DDR war schwer, besonders für die, die sich nicht dem Regime unterwerfen konnten oder wollten. Nur konnte man dem nicht entfliehen, eingesperrt von Stacheldraht, Mauern, Minenfeldern und Selbstschußanlagen.Zitat:
Als schließlich die Menschen hier den Mut faßten, das Regime und mit ihm die Mauer hinwegzufegen, war indes die Odyssee noch längst nicht vorbei. Millionenfache Arbeitslosigkeit, Entwertung von Lebenserfahrungen und Lebensleistungen der Ostdeutschen, Armut und Verlust an Selbstwertgefühl, das ging an ganzen Generationen von Ostdeutschen ebenfalls nicht spurenlos vorbei. Im Zuge der Vereinigung beider deutscher Staaten änderte sich für die Menschen im Osten praktisch alles, für die Menschen im Westen so gut wie nichts. Noch heute, 23 Jahre nach dem Fall der Mauer, arbeiten Ostdeutsche vielfach für 15 bis 20% weniger Lohn mehr Arbeitsstunden als ihre Kollegen im Westen. Wie kann man es da nicht verstehen, daß viele dieser Menschen resigniert und enttäuscht sind? Solche Erfahrungen prägen Menschen, ob sie es wollen oder nicht.
Als zweite Maßnahme treffe ich mich so oft es geht mit Patta und versuche ihm Land und Leute näherzubringen. Dabei zeige ich ihm, daß man durchaus ohne Probleme mit den meisten Märkern ins Gespräch kommen kann, selbst dann, wenn man sie nicht kennt und sie auf den ersten Blick eben unnahbar erscheinen mögen. Natürlich macht man dadurch aus den zurückhaltenderen Märkern keinen Kölner, sie ähneln eher dem norddeutschen Menschenschlag.
Und als Nicht-Bayer, der aber schon öfter in Bayern war, darf ich durchaus auch eine differenzierte Sichtweise auf die Bayern haben. Mit vielen von ihnen komme ich super aus, dennoch bleibt man nie im Ungewissen darüber, daß man als Saupreiß und Zugeroaster nicht dazugehört. In ein bayrisches Dorf gehört keiner, der dort nicht mindestens drei Generationen seiner Vorfahren auf dem örtlichen Friedhof zu liegen hat und dem einen oder anderen urigen Bayern kann man Unnahbarkeit auch schwerlich absprechen.
Würdest Du Patta und mir mal über den Weg laufen, wäre sehr wahrscheinlich nicht ich derjenige von uns beiden, der Dir unnahbar vorkommen würde. :)