Es gab diese Diskussion schon des Öfteren (und wird sie auch jetzt nicht zum letzten Mal gegeben haben), was daran liegt, dass die
Arme-nicht-ganz-durchstrecken-Philosophie weit verbreitet ist. Da es sich hierbei indes um eines der größten Missverständnisse im Kraftsport handelt, erkläre ich den Sachverhalt gern:
- Fakt ist, dass bei durchgedrückten Armen in der Endposition in der Tat die Spannung aus dem Trizeps genommen wird (für den Brustmuskel ist das Durchdrücken oder Nicht-Durchdrücken weniger relevant). Fakt ist allerdings auch, dass dies nicht schädlich für die Gelenke - genauer: die Ellbogen - ist. Die Ellbogen sind Scharniergelenke, genauso wie die Knie, und Scharniergelenke befinden sich, wenn sie durchgestreckt sind, in der biomechanisch stärksten Position (siehe Wadenheben stehend - hier haben dieselben Athleten, die bei Kniebeugen mit 160 kg die Knie aus Vorsicht nicht ganz durchstrecken, oft über 250 kg auf den Schultern [bei durchgestreckten Beinen], ohne sich etwas dabei zu denken ...).
- Was tatsächlich schädlich ist, ist ein ruckartiges "Einschnappen" der Gelenke (wie es z. B. stattfände, wenn man bei Scottcurls das Hinunterrauschen einer zu schweren Hantel durch das Blockieren der Ellbogen "bremsen" würde). Ein solches Einschnappen findet beim Bankdrücken aber nicht statt, da die Kraft von oben auf die Arme einwirkt und nicht von der Seite.
- Was die Übungseffektivität angeht: Diese leidet durch vollständiges Durchstrecken ebenfalls nicht, im Gegenteil. Zwar stellt das Durchdrücken eine minimale Pause in der Muskelspannung dar, aber genau diese Pause ermöglicht mehr Wiederholungen mit höherem Gewicht und damit unter dem Strich eine höhere Gesamtbelastung. Die Pausen sind also kein Nachteil. (Die Theorie, dass die Zeit, während der ein Muskel im Training unter Spannung steht, ausschlaggebend für Trainingsfortschritte ist, ist durch Untersuchungen mit isometrischem vs. dynamisches Training hinreichend widerlegt.)
- Zudem hat man nur mit durchgedrückten Armen das Gewicht am Anfang und am Ende der Bewegung wirklich unter Kontrolle (kein Mensch, der bei Trost ist, würde ein schweres Gewicht mit gebeugten Ellbogen aus dem Rack heben oder es mit gebeugten Ellbogen einhängen), und nur mit durchgedrückten Armen ist die volle ROM (= range of motion) gewährleistet. Aus diesen Gründen ist das Durchstrecken in KDK-Wettkämpfen auch vorgeschrieben; anderenfalls ist der Versuch ungültig.
Gruß
abergau